Nachdem gestrigen doch sehr traurigen Tag, wachen wir heute alle vier etwas besser gelaunt auf. Wir sind zwar alle schon relativ früh wach, aber das ist nichts gegen die Aufstehzeit der vielen Tiere um uns herum. Vor der Tür herrscht schon seit den ersten Sonnenstrahlen reges Treiben und Gezwitscher. Eine große Abwechslung zu den Geräuschen des Schiffes in den letzten zwei Monaten. Neben den Geräuschen, hatten wir auch zum ersten Mal seit langer Zeit ein Bett welches sich nicht bewegt. Trotzdem haben wir alle vier einen guten Schlaf gehabt.
Was noch neu ist, ist das wir uns heute selbst um unser Frühstück kümmern müssen. Als wir runter kommen, ist noch kein gedeckter Tisch zu sehen. Auch von einem Buffet gibt es keine Spur. Ein Glück haben wir gestern ein frisches Brot als Willkommensgeschenk in unserem Mietshaus gefunden. Eine weitere positive Überraschung ist, dass es draußen schon so warm ist, das wir uns direkt wieder auf unseren Balkon setzen können und dort essen können. Neben Milch ist die Auswahl allerdings auf Marmelade begrenzt. Nach der Völlerei der letzten Monate, findet das aber niemand wirklich schlimm. Lotti ist außerdem begeistert von der salzigen Butter, die ebenfalls als Geschenk (passend zum Brot) im Kühlschrank lag.
Unser heutiges Ziel ist eine kleine Stadt circa eine Stunde entfernt von Mt Kemble, wo wir zurzeit wohnen. Kiama heißt das Städtchen und ist vor allem für seine felsigen Klippen und die schönen Strände bekannt. Bevor wir unsere Fahrt antreten, haben wir aber noch einige Besorgungen zu unternehmen. Also fahren wir zunächst nach Figtree, unserer Nachbarstadt, wo es ein kleines Einkaufszentrum gibt. Neben Proviant und einigen Kleinigkeiten aus der Apotheke, wollen wir auch nach neuen Schuhen für Lotti schauen. Sie scheint in den letzten Wochen ordentlich gewachsen zu sein – oder aber zumindest ihre Füße. Nach einigem hin und her finden wir dann etwas passendes und können uns endlich auf den Weg machen.
Wir folgen also dem Highway weiter, auf dem wir gestern auch hier her fuhren und entfernen uns somit auch weiter von Sydney – wo wir ja eigentlich morgen das Feuerwerk zum Jahreswechsel anschauen wollten. Ob wir das machen, entscheiden wir dann aber morgen spontan.
In Kiama angekommen werden wir von einer sehr vollen Stadt begrüßt. Fast jeder Parkplatz ist bereits vergeben, und der örtliche Spielplatz platzt aus allen Nähten. Man merkt, dass hier gerade Sommerferien sind. Auch wenn wir uns sowieso abseits der normalen Touristenpfade befinden, ist es schon eindeutig, dass besonders viele Australier unterwegs sind. Wie uns unsere Nachbarn gestern auch noch Mal bestätigt haben, ist im Moment die Hauptreisezeit und viele besuchen ihre Familie in der Heimat. Wir sind vor allem hier, um die berühmten Blow-Holes zu sehen.
Die Blow Holes in Kiama sind eine der beeindruckendsten Naturattraktionen an der Südküste von New South Wales. Sie sind die größten ihrer Art und besonders bekannt dafür, Meerwasser in spektakulären Fontänen bis zu 30 Meter hoch in die Luft zu schießen. Dieses Naturschauspiel entsteht, wenn die Wellen durch eine Höhle unter der Klippe gedrückt werden und das Wasser explosionsartig durch eine enge Öffnung nach oben schießt.
Auf manchen Bildern im Internet kann man die Fontänen schon vom Parkplatz aus sehen. Dieses Glück haben wir heute nicht, auch wenn wir direkt am Leuchtturm an der Küste parken können, und damit nur noch ein paar Meter laufen müssen. Als wir aus dem Auto aussteigen, können wir schon die ersten dumpfen Knallgeräusche hören, die das Wasser erzeugt, wenn es durch die engen Felskanäle geschleudert wird. Das ist auch schon Grund genug für Theo zu beschließen, dass er auf den Besuch dieser Attraktion nun doch gar keine Lust mehr hat. Er lässt sich aber zunächst von den beeindruckenden Ausblicken ablenken, die man von hier oben genießen kann. Man schaut auf strahlend blaues Wasser und ewig lange Sandstrände.
Anschließend ist es dann aber doch Zeit, sich die Hauptattraktion etwas genauer anzuschauen. Während Theo nicht viel weiter möchte, als bis zum offiziellen Aussichtspunkt ist Lotti in Kletterlaune und möchte unbedingt noch etwas über die Felsen klettern. Die ganze Felsformation formt eine kleine Halbinsel, auf der man am Ende bis zum Wasser klettern könnte. Das machen wir natürlich nicht. Trotzdem erreichen wir nach einiger Zeit noch einen Ort, wo das Wasser an den hohen Felswänden entlang geschleudert wird. Weil natürlich nicht jede Welle gleich hoch ist, kann man im Vorfeld nur an der Feuchtigkeit auf dem Boden abschätzen, wo man noch nass wird, und wo nicht. Aber auch diese Einschätzung kann täuschen, und so wird zumindest der Verfasser dieses Textes von einer riesigen Welle – und einer entsprechend daraus entstehenden riesigen Wasserfontäne überrascht und ordentlich nass. An diesem Punkt entscheidet dann auch Lotti, dass es Zeit ist wieder zurück zu gehen. “Mama wird verrückt wenn ich ihr das Erzähle” ist ihr einziger Kommentar zur Gesamtsituation. Das Wasser auf der Kleidung ist gar kein Problem – wir haben bereits morgens um 10 Uhr über 25 Grad und kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. Entsprechend ist fast alles getrocknet, bevor wir zurück am Auto sind.
Weil uns aber auch die kleine Stadt selbst so gut gefallen hat, beschließen wir hier auch noch ein paar Schritte zu gehen. Nicht aber, ohne vorher noch eine Kugel Eis zu kaufen. Vorbei kommen wir an der alten Feuerwehrstation, die mittlerweile eine Kunstgalerie ist, und einer kleinen Kirche. Es gibt keinen Laden auf der Straße, der nicht voll mit Kunden ist. Es ist ordentlich was los, man könnte denken es wäre kurz vor Weihnachten und nicht schon einige Tage später. Nach einer Weile gibt es dann aber keine Möglichkeit mehr das offensichtliche zu verhindern. Ich hatte es vorhin bereits beiläufig erwähnt, aber es gibt hier einen super großen (aber auch vollen) Spielplatz, genau der ist nun unser nächstes Ziel.
Während die Kinder hier rutschen und klettern, nutzen wir die Zeit um einige Sehenswürdigkeiten zu googeln, die auf dem Weg hier her ausgeschildert waren. Ziemlich schnell fällt unser Augenmerk dabei auf einen Baumwipfelpfad der nicht weit von hier entfernt ist. Und somit ist es auch schon beschlossen, das wird unser nächstes Ziel. Ursprünglich wollten wir als nächstes einen Badesee ansteuern – die Sonne scheint im Moment aber so stark, dass wir dort sowieso nicht ins Wasser könnten.
Nachdem die Kinder irgendwann von der Abfahrt überzeugt sind, teilen Jule und ich uns noch ein Sandwich auf dem Weg zum Auto, bevor wir uns dann auf den Weg machen. Nachdem alle Straßen bis hier hin gut ausgebaut waren, kündigen die Schilder jetzt schon an, dass sich das gleich ändern wird. Neben einem Durchfahrtverbot für fast alles, gibt es auch Warnungen über Straßenschäden durch vorherige Unwetter. Am Ende ist aber alles halb so schlimm. Nach den ersten Kilometern voller Wendungen durch den Wald wird ein Aussichtspunkt angekündigt. Auch wenn wir uns zunächst wundern, was man hier im Wald sehen soll, halten wir natürlich an. Weil es hier immer ein kleiner Akt ist die Kinder in und aus dem Kindersitz zu bekommen, geht zunächst nur Jule vor um zu gucken, ob sich das ganze Überhaupt lohnt. Nach nicht mal einer Minute ist sie aber schon wieder zurück und fordert alle zum mitkommen auf.
Es stellt sich heraus, dass das kleine unscheinbare Schild mit der Aufschrift “Jamberoo Lookout” eine echte Untertreibung für den Ort darstellt. Wir haben beim Fahren hierher gar nicht gemerkt, wie viele Höhenmeter wir in der Zwischenzeit offensichtlich überwunden haben. Das merken wir nicht nur daran, dass es hier fast 10 Grad kälter ist als an der Küste, sondern vor allem an dem spektakulären Ausblick, den die kleine Aussichtsplattform bietet. Durch das super Wetter können wir von hier oben über den angrenzenden Regenwald, bis hin zum Ozean schauen. Auch das Kiama ist zumindest als Punkt am Horizont wahrnehmbar. Obwohl man zur Platform nicht mal Laufen muss, weil das Auto direkt davor steht, hat sich Theo dazu entschlossen im Auto zu bleiben. Im Grunde können wir uns sogar weiter mit ihm unterhalten, so kurz ist der Weg. Trotzdem beschließen wir dann aber nach einigen geschossenen Fotos unsere Reise zum Ziel fortzusetzen.
Nach einiger Zeit erreichen wir dann aber endlich unser eigentliches Ziel. Außer einem großen Parkplatz ist von der eigentlichen Attraktion bisher nichts zu erkennen. Es stehen auch nur ein paar Autos hier, was uns zunächst zweifeln lässt, ob wir mit der Auswahl hier wirklich die richtige Entscheidung getroffen haben. Nachdem wir dann an der Kasse die Eintrittspreise sehen, wundert uns der leere Parkplatz dann gar nicht mehr so sehr. Wo wir nun aber schon mal hier sind, wollen wir den Pfad nun natürlich auch sehen.
Insgesamt ist der Rundweg 1,5 Kilometer lang und führt zunächst für einige Zeit durch den Wald. Dann aber sehen wir endlich den Beginn der Stahlkonstruktion des Baumwipfelpfades. Bereits nach einigen Metern wird uns klar, wie hoch dieser Weg hier ist. Nicht nur der Weg selbst ist unglaublich hoch, nein auch der Wald selbst steht direkt an einem Abhang. Dadurch hat man das Gefühl, es wird extrem weit runter gehen. Angeblich hängt der Weg selbst ‘nur’ in 30 Meter höhe, aber spätestens durch den Wind, der die ganze Konstruktion auch noch schaukeln lässt, wird das ganze zu einer sehr spannenden Angelegenheit. Wem die 30 Meter nicht reichen, der kann auf der Mitte des Weges noch weiter 45 Meter hinauf steigen, und auf einem kleinen Turm eine 360 Grad Aussicht genießen. Jule erzählt mir hinterher, dass sich die Aussicht kaum unterscheidet – und ich glaube ihr das einfach, ohne selbst nachschauen zu gehen.
Auch die Kinder bleiben lieber bei mir, und schlängeln sich die kleine enge Wendeltreppe nicht noch weiter nach oben. Nach gut einer halben Stunde ist das ganze Abenteuer dann aber auch schon wieder zu ende. Zum Ausgang hin hat man noch die Möglichkeit durch einen kleinen verwunschenen Wald zu laufen. Das ist dann aber mehr schlecht als recht umgesetzt und besteht nur aus ein paar mehr oder weniger gut gebauten Holzfiguren. Die Kinder freuen sich trotzdem darüber, und vergessen bei den vielen Entdeckungen glatt den Weg, den sie schon gelaufen sind.
Als wir wieder am Auto ankommen, hat sich der Himmel etwas zugezogen und so beschließen wir doch nicht zum Badesee zu fahren, und nicht direkt zurück ins Ferienhaus. Zumindest schauen können wir ja mal. Eine knappe halbe Stunde fahrt liegen vor uns, bis zum Lake Illawarra der eigentlich gar kein See ist, sondern vom Ozean gespeist wird. Ensprechend groß ist der See dann auch, mit seinen 35 Quadratkilometern. Er bietet an diversen Stellen verschiedenste Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung.
Wir kommen heute an einer Stelle an, die extrem Flach ist. Hier sind dutzende Australier mit ihren ganzen Familien im Wasser unterwegs um Fische oder kleine Krabben zu fangen. Wir nutzen die Möglichkeit um eine Weile durch das sehr warme Wasser zu watschen. Weiter als bis zu den Knien reicht das Wasser bei Lotti aber nur an ganz wenigen Stellen (zumindest hier, wo wir unterwegs sind).
Auch jetzt ist das Trocknen der Klamotten kein großes Problem, wir legen sie einfach kurz hinter die Windschutzscheibe. Um noch einen anderen Eindruck zu bekommen, fahren wir die Straße an der Küste des Sees noch etwas weiter runter.
Hier kommen wir an einer echten Promenade an, mit diversen Spielplätzen und Picknickbänken. Auch wenn heute eigentlich schon genug Spielplätze besucht worden sind, machen wir hier noch einen kleinen Stop, bevor es dann zurück zum Ferienhaus geht.
Als wir um 17 Uhr wieder zuhause ankommen, geht es schnell in die Küche. Es ist nämlich endlich mal wieder an der Zeit selbst was zu kochen. Und was wäre da passender, als eine gute alte Bolognese aus dem Glas – unser Hauptnahrungsmittel vor 10 Jahren bei unserem letzten Besuch. Auch Lotti schmeckt es offensichtlich besonders gut, weil sie im Grunde gar nicht satt wird.
Nachdem wir die Kinder dann unter der Dusche noch schnell von dem ganzen Sand und der Sonnencreme befreit haben, fallen alle Müde ins Bett. Mal sehen was das morgige Silvester bringen wird..