Aufgewacht vom Wind. Das ist neu. In Flåm windet es so sehr, dass unsere Markise laute Geräusche von sich gibt, und das um kurz nach 7. Eine wahre Zumutung. Natürlich regnet es dazu auch noch, so dass wir während wir die Markise schnell zurückkurbeln zum ersten mal am heutigen Tag richtig nass werden.

Trotz der kleinen Dusche mitten in der Nacht, schlafen wir danach nochmal ein Stündchen, bevor der Tag dann endgültig beginnt. Während Karlson schon gewaschen ist, schleppen wir uns in das mit Rentnern überfüllte Bad und tun selbiges.

Unser Ziel für heute soll der nächste Nationalpark sein. Beim Hardangervidda handelt es sich um die größte Hochebene Nordeuropas.

Hardangervidda

Und wie hoch sie dann ist. Schon während der Einfahrt in den Park, das heißt: bei der Durchfahrt der ersten Tunnel passieren wir die unteren Wolkenschichten. Aber keine Sorge, natürlich bleiben noch genug Wolken übrig, die uns auch über den restlichen Weg hinweg noch Wasser spenden können. Apropros Tunnel, hier erlebten wir ja heut eine kurze Schrecksekunde. So weit war alles normal, enge Einfahrt in den Tunnel, besonders wenig Beleuchtung und steinige Tunnelwände. Auf einmal geht jedoch direkt vor uns ein Tor zu. Wir so – Schock – was passiert nun, wo sollen wir denn jetzt hin, was ist da auf der anderen Seite wohl passiert und was einem da so durch den Kopf schießt. Aber keine Sorge, der Tunnel und somit die offizielle Straße macht eine Biegung bevor es durch das Tor gehen würde. Da kam halt einfach nur einer raus. Keine Ahnung woher der kam, aber er war da eben und verpasste uns einen gehörigen Schreck. Weil das so klingt, als wenn jemand ein Garagentor schließt, entspricht das nicht unbedingt dem, was man erlebt. Man kann sich das Ganze eher wie ein Schleusentor vorstellen. Es schloss sich also vor uns ein dickes Stahltor in einem kaum beleuchteten felsigen Tunnel. Nicht schön. Auch die scharfe Rechtskurve, die der Tunnel direkt vor der Kurve hinlegt, war nicht irgendwie gekennzeichnet oder beleuchtet. Interessanterweise ist in allen Tunneln natürlich Licht vorhanden, es ist nur ausgeschaltet. Warum wissen wir auch nicht so genau, aber seit einigen Tagen gibt es nur noch Tunnel mit ausgeschalteter Beleuchtung. Vielleicht ist man der Meinung es lohnt sich nicht mehr für die paar Autos, die hier langkommen. Das macht alles ja nicht besser, wenn man die ganze Zeit immer ganz allein im Tunnel ist. Aber wir haben es ja überstanden.
Wahrscheinlich ist man als aufmerksamer Leser schon von unseren Tunnelgeschichten gelangweilt, aber das ist einem beim Schreiben ganz egal. 🙂


Schon nach kurzer Zeit schaltet Karlsons Höhenmesser auf die vierstelligen Zahlen um. Auf 1200 Metern fahren wir umher. Angenehm ist es aber mal, in der Höhe nicht am Abgrund entlang zu fahren, sondern entsprechend einer Hochebene eben einfach nur weit oben. Wären wir ein Flugzeug, gäbe es die Gefahr von Eisbildung, es regnet nämlich ununterbrochen wie aus Eimern. Wenn man kurz denkt es hätte aufgehört zu regnen, hat der Regen nur gedreht und kommt zur Abwechslung mal von hinten.

Auch die Temperaturen entwickeln sich der Höhe entsprechend. Während wir heute Morgen noch bei 13 Grad aufgewacht sind, steht das Thermometer im Nationalpark nur noch bei 5 Grad. Das merkt man auch, natürlich nicht im Auto, aber beim Aussteigen. Immer wieder verlassen wir Karlson kurz, um besondere Stellen genauer zu erkunden, aber der Regen schafft es meist, dass wir nach nur wenigen Minuten wieder den Schutz der Scheiben in Karlson suchen und ab auf die Sitze mit Sitzheizung.

Die Landschaft erinnert sehr an die Durchfahrt der letzten Landschaftsroute nach dem Geirangerfjord, und trotzdem ist sie irgendwie auch ganz speziell. Viele Büsche wurden bereits vom Herbst in schöne bunte Farben getaucht, Bäume gibt es auf dieser Höhe nicht mehr. Während der Auffahrt kann man die Baumgrenze auch tatsächlich wie eine gezogene Line erkennen, als hätte jemand anhand einer gezogenen Grenze angefangen alle Bäume zu fällen.

Nach circa einer Stunde ist die Fahrt durch den Nationalpark dann aber auch wieder beendet und wir nähern uns unserem nächsten Etappenziel, einem der größten Wasserfälle Norwegens. Auch wenn es im Hardangervidda wohl eine der größten wilden Rentierpopulationen geben soll, haben wir nicht eins gesehen.

Vøringfossen

Eher unauffällig am Straßenrand zeigt einem ein kleines Schild den Weg. Nur wenige Minuten von der Hauptstraße entfernt ist dann der Aussichtspunkt zu den Wasserfällen. Man muss hier in der Mehrzahl reden, denn es gibt nicht nur die zwei großen, die auch auf dem Bild zu erkennen sind, sondern viele kleine Flüsschen, die ihr Wasser in die Schlucht entlassen.

Auch hier zeigt sich, dass der Aussichtspunkt noch höher ist, als manche Wolken am heutigen Tag zu fliegen vermögen. Wir haben aber Glück, denn fast die gesamte Zeit, die wir außerhalb des Autos verbringen, regnet es nur minimal, leider aber noch immer zu viel um die Drohne zu starten. Das ist traurig!

Nachdem wir uns die Wasserfälle ausgiebig von allen Seiten angeschaut haben, begeben wir uns auf die äußerst interessante Fahrt nach unten. Tatsächlich führt die Straße in einer Spirale nach unten. Wir sind zwar nicht mehr auf 1000 Metern, aber immer noch auf gut 400. Riesige Warntafeln mit wild blinkenden Warnleuchten weisen einen auf das hin, was kommen soll. Während die Norweger an anderer Stelle ja von Serpentinen begeistert zu sein scheinen, hat man hier wohl die Variante der Spirale vorgezogen. Weil das Ganze so natürlich nicht verrückt genug ist, hat man es dann noch in den Felsen geklöppelt. Die ganze Abfahrt befindet sich also in einem Tunnel, der nur ab und zu von Tageslicht unterbrochen wird. Das ist definitiv die verrückteste Straße, die wir je gefahren sind. Witzig, aber auch verrückt. Karlsons Bremsen haben auch ganz schön zu tun, was man aber erst beim Aussteigen an den aufsteigenden Temperaturen bemerkt. Er schlägt sich wirklich super. Mit Sparky wäre diese Auf- und Abfahrt zu seiner Zeit nicht möglich gewesen.

Eidfjord

Unser heutiges Ziel lautet Eidfjord, wobei das nur unser Ziel ist, weil es sonst zu weit wäre weiterzufahren. Unser endgültiges Ziel lautet Stavanger, von wo wir dann auch zu unserer nächsten Wanderung aufbrechen wollen. Eidfjord ist ein kleines Städtchen, wobei man genauer sagen muss: Zwei kleine Städtchen, das obere und das untere Eidfjord. Auch wenn das untere viel schöner ist, haben die Campingplätze hier leider schon zu, weswegen wir zurück zum oberen müssen. Wie ihr auf den Bildern sehen könnt, könnte es einen aber schon schlimmer treffen.

Auch auf diesem Bild hat sich ein Karlson versteckt.

Könnt ihr Karlson entdecken?

Morgen liegen laut Navi noch 5 1/2 Stunden Fahrt vor uns, was auf norwegisch so viel heißt wie 7 Stunden Fahrt. Aus diesem Grund werden wir uns auch etwas früher auf den Weg machen als heute.