Heute werden wir von der Vibration des Seitenstrahlruders und dem beruhigenden Schein der Sonne in der Kabine geweckt. Meine Güte wirkt der Himmel blau, wann haben wir denn das zuletzt gesehen? Überpünktlich fangen wir um 7:00 Uhr mit dem Anlegemanöver an.
Das bringt natürlich zusätzliche Motivation schnell zum Frühstück zu gehen, um dann auch schnell an Land zu sein. Während wir im Fahrstuhl auf dem Weg nach oben sind, beginnt der Kapitän mit seiner Durchsage zur Schifffreigabe. Seit dem hier auf dem Schiff die Rede vom Hafen in Uruguay ist, ist ebenfalls die Rede von den berühmten Steaks die man hier auf dem Markt essen kann – das bewirbt auch der Chef des Schiffes in seiner Ansprache noch mal nachdrücklich.
Wie eigentlich immer, haben wir noch keinen großen Plan was wir machen wollen. Der Plan ist sich in der Stadt treiben zu lassen und zu schauen was sich so ergibt. Als Anhaltspunkt sammeln wir beim Verlassen des Schiffes noch eine Karte der Stadt – mit markierten Sehenswürdigkeiten – ein.
Was weiß man eigentlich über Montevideo? Der Hafen wäre für uns wegen des Wetters fast ausgefallen. Es ist die Hauptstadt Uruguays, und mit diesem Wissen weiß man sicher schon mehr als die meisten Menschen. Montevideo hat sich auf Grund der Lage schon vor langer Zeit zu einem der wichtigsten Handelsplätze in Südamerika entwickelt. Die Bevölkerungsstruktur ist ganz anders, als in den Nachbarländern. Wenn man den Ausführungen unseres Lektors glauben darf, gibt es hier kaum Armut, dafür aber auch kaum Superreiche. Die Schere zwischen Arm und Reich, ist hier wohl fast geschlossen. Und man möchte meinen, dass man das der Stadt auch ansieht. Es ist ein starker Kontrast zu den bisherigen Stops in Brasilien.
Natürlich warten auch hier am Hafen einige Taxifahrer auf ihre Chance auf eine Tour. Anders als in den letzten Häfen, wird man hier aber nicht von allein Seiten angeschrien, und nicht jeder versucht lauter zu sein als der andere. Es stehen die Taxifahrer am Zaun, die vorn in der Schlange sind. Die anderen sitzen im Schatten einer Palme und warten bis sie an der Reihe sind. Wenn man die Tour ablehnt, bekommt man einen freundlichen Klopfer auf die Schulter und bekommt einen schönen Tag gewünscht. Man soll die Stadt genießen bekommt man noch hinterher gerufen. Das ist sehr angenehm. Man muss aber auch fairer Weise erwähnen, dass auch die Taxifahrer in Brasilien trotz Ablehnung sehr freundlich waren und man hier ebenfalls nicht bedrängt wurde.
Nachdem wir das Gelände vom Hafen verlassen haben, kam auf einmal ein Kind auf uns zugerannt, schnurstracks auf Theo und Lotti zu und hat uns gefragt ob wir nicht zusammen durch die Stadt wollen. Weil wir die Eltern auch ganz nett finden, stimmen wir da zu – und so machen wir uns zu acht auf den Weg in die „Ciudad Vieja“, der Altstadt. Wir sind ja noch relativ früh, deshalb wirkt die ganze Stadt noch relativ leer.
Wir schlängeln uns weiter durch die Altstadt, mal nach links und mal nach rechts. Bis wir vor einem prächtigen Gebäude stehen, welches mit diversen Säulen vor der Tür einen tollen Eindruck vermittelt.
Die Schrift oben drüber verrät uns, dass es sich um die Nationalbank Uruguays handelt. Heute ist das Gebäude allerdings Zweckentfremdend als Museum. Später auf dem Schiff hören wir, dass es echt gut gestaltet sein soll, und man wohl sogar die alten Tresorräume besuchen kann. Jetzt ist es leider noch zu.
Nachdem die Kinder kurz über die Mauern und an den Bauzäunen gegenüber des imposanten Gebäudes geklettert sind liefen wir weiter durch die Gassen der Stadt. Und kamen zu unserem nächsten Punkt auf der Karte, dem Plaza Zabala.
Der Plaza Zabala, benannt nach dem Stadtgründer Bruno Mauricio de Zabala, ist eine grüne, ruhige Oase in der Altstadt. Umgeben von historischen Gebäuden und eleganten Palmen, lädt der Platz mit seinem Denkmal und gepflegten Bänken zum Verweilen ein. Hier spürt man Montevideos kolonialen Charme hautnah. Für die Kinder war der Stop besonders relevant, da es hier einen kleinen Spielplatz gab. Dieser wurde ausgiebig bespielt. Wir beobachteten beim anschauckeln das Treiben auf dem Platz. Überall sitzen Leute mit ihren speziellen Matebecher und Thermoskannen und trinken. Schulklassen feiern im Park. Es ist generell eine tolle Stimmung.
Da wir aber erst bei Punkt 3 auf der Karte sind laufen wir weiter und gelangen in eine Fußgängerzone. Unser Ziel ist eine Kirche in der Innenstadt.
Die Catedral de Montevideo, offiziell die „Catedral Metropolitana,“ ist die älteste Kirche der Stadt und liegt im Herzen der Altstadt. Mit ihren imposanten Türmen und barocken Elementen beeindruckt sie sowohl außen als auch innen. Das prachtvolle Innere und die historischen Grabstätten machen sie zu einem bedeutenden spirituellen und kulturellen Wahrzeichen.
Zu unserer Überraschung war es auch hier noch nicht überlaufen mit Aida Touristen, sondern es waren viele Schulklassen und andere spanischsprachige Mitmenschen. Auch unsere Kinder haben sich der Kirche entsprechend andächtig Verhalten und so hatten wir auch diese tolle Attraktion gesehen.
Direkt vor der Kirche befand sich eine weitere grüne Insel mitten in der Stadt. Der kleine Park „Plaza de la Constitución“ auf dem heute morgen viele kleine Markstände aufgebaut sind, auf dem die Händler alles erdenkliche anbieten. Es scheint dabei kein Markt zu sein der ausschließlich für Touristen aufgebaut wird, sondern einer der hier regelmäßig stattfindet.
Von hier aus machen wir uns auf den Weg durch den letzten Teil der belebten Altstadt von Montevideo. Unser Ziel ist nun der Unabhängigkeitsplatz.
Die Plaza Independencia ist der wichtigste und größte Platz der Stadt und verbindet das historische Viertel Ciudad Vieja mit dem modernen Stadtzentrum. In der Mitte steht das imposante Denkmal für General José Artigas, den Nationalhelden und Befreier Uruguays, unter dem sich auch sein Mausoleum befindet. Der Platz ist von bedeutenden Bauwerken umgeben, darunter das berühmte Palacio Salvo, einst das höchste Gebäude Südamerikas, sowie das Teatro Solís, eines der ältesten Theater des Kontinents.
An diesem Platz befinden sich außerdem der Sitz der Regierung und diverser Ministerien – und so geraten wir ganz kurz in eine (sehr friedliche) Demonstration irgendwelcher politischer Gruppen.
Für uns bieten die vielen Bänke unter den Meter hohen Palmen auch die Möglichkeit für eine kurze Pause und ein kleines Picknick für die müden Kinderbeine.
Nach einem kurzen Abstecher in den modernen Teil der Innenstadt, trennen sich dann die Wege von uns und der mitreisenden Familie. Während die anderen vier noch in ein paar Läden schlendern möchte, wollen wir noch auf die andere Seite der Stadt.
Wir gehen also in eine kleine Seitenstraße und bestellen und einen Uber für die circa 20 minütige Fahrt. Unser Weg führt uns über die große Hauptachse der Stadt, direkt an der Küstenlinie entlang. Hier bekommen wir noch einen Eindruck von dem Teil der Stadt, indem die Menschen hier auch wirklich leben. Und man kann feststellen, dass er sich nicht von der sehr sauberen und aufgeräumten Altstadt unterscheidet. Sicherlich finden sich hier auch die typischen Hochhäuser mit diversen Klimaanlagen an den Fenstern, aber die Gebäude entsprechen im Grunde dem europäischen Standart.
Wir fahren vorbei an diversen wunderschön angelegten Parks, die direkt am Wasser liegen und es sicher wert wären von uns besucht zu werden. Aber da ist mal wieder das Thema Zeit.
Mittlerweile ist es ja so, dass eine Stadt nur eine richtige Stadt ist, wenn sie auch einen entsprechenden Schriftzug irgendwo aufstellt hat. Montevideo hat davon sogar zwei.
Man erkennt es im Hintergrund bereits. Das Schild steht direkt am Strand. Und genau dort wollen wir jetzt auch hin. Auch wenn es sehr schönes Wetter ist, ist es zum Baden dann doch etwas zu frisch. Wir machen uns auf zu einem Strandspaziergang mit mehreren Pausen und laufen gemütlich zum anderen Ende des Stadtstrandes.
Mittlerweile ist es Nachmittags geworden und das Ende unserer Liegezeit rückt langsam aber sicher näher.
Wir wollen aber noch den berühmten Markt direkt am Hafen besuchen. Wir bestellen uns also wieder ein Taxi und lassen uns zurück zum Hafen fahren, an dem sich auch direkt die Markthalle befindet. Mittlerweile hat sich das Gebiet hier im Vergleich zu heute morgen komplett gewandelt. Wo wir heute Morgen noch durch leere Straßen spaziert sind, findet sich nun ein Stand nach dem anderen und es sind hunderte Menschen – vor allem einheimische – unterwegs. Wir steigen aus dem Taxi und man hat sofort den „hier grillt doch jemand“ Geruch in der Nase. Also machen wir uns direkt auf den Weg in die Markthalle.
Der Mercado del Puerto st ein historischer Markt im Hafenviertel, der 1868 eröffnet wurde und seitdem ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Touristen ist. Ursprünglich diente der Markt dem Handel, heute beherbergt er zahlreiche Restaurants und Grillstände, die für ihre traditionellen Asados, die uruguayischen Grillgerichte, bekannt sind. In der beeindruckenden gusseisernen Markthalle mischt sich der Duft von gegrilltem Fleisch mit der fröhlichen Atmosphäre und der Musik von Straßenkünstlern.
Die Atmosphäre in der Halle ist unbeschreiblich. Es sind unglaublich viele Menschen unterwegs und drängen sich in die vielen kleinen Restaurants. Es reiht sich eine Küche an die nächste. Alle grillen über offenem Feuer viele Kilo Rindfleisch. Auch wenn auf dem Bild offensichtlich zwei Kreuzfahrer vor uns laufen, sind unter den Besuchern des Marktes weitaus mehr einheimische Unterwegs als Touristen. Die Kleine Hallte platzt aus allen Nähten, jeder kleine Bereich wird für Tische und Stühle genutzt.
Durch diese Halle können wir natürlich nicht einfach durchgehen. Wir finden also noch einen kleinen Vierertisch in einem der Restaurants und bestellen dann durch zeigen auf die spanische Speisekarte in spenglisch ein paar Gerichte für uns alle. Die Kinder bekommen Uruguayische Würstchen mit Pommes, und wir essen stilecht Steak. Das Fleisch hatte wirklich eine unglaubliche Qualität, und zusammen mit der Atmosphäre in der Halle, war das mit Sicherheit ein unvergessliches Essen. Wenn man sich am Abend mit Mitgliedern der Crew unterhält, findet man auch niemanden der hier heute nicht ein Stück Fleisch essen war.
Unser Landgang neigt sich nun aber dem Ende zu. Wir machen uns auf den kurzen Weg zurück in den Hafen und auf das Schiff.
Montevideo war – ehrlicher Weise unerwartet – bisher das absolute Highlight der Reise. Auch von den anderen Gästen hatte eigentlich niemand richtige Erwartungen an den einzigen Hafen in Uruguay, und vielleicht waren wir auch alle deshalb so positiv überrascht. Wer mal in Südamerika in der Nähe unterwegs ist, sollte hier auf jeden Fall anhalten und sich diese besondere Stadt anschauen.
Unser Abend endet dann nach einem ganz kleinen Abendessen für die Kinder erneut mit der Clubbiedisko. Auch Alvine lässt sich erneut blicken und stattet den Kindern noch einen Besuch ab.
Heute Nacht haben wir es gar nicht weit. Wir müssen nur auf die andere Seite der Bucht und werden morgen schon sehr früh in Buenos Aires, in Argentinien anlegen.