Nachdem wir gestern erfolgreich “Das Ende der Welt” umsegelt haben (ja, wirklich gesegelt – lest den Beitrag), sind wir heute am südlichsten Hafen der Welt angekommen.

Der Hafen von Ushuaia spielt eine zentrale Rolle für Expeditionen in die Antarktis. Aufgrund seiner strategischen Lage am Beagle-Kanal ist er der wichtigste Ausgangspunkt für Schiffe, die das Südpolargebiet erkunden. Jährlich starten von hier zahlreiche Expeditionskreuzfahrten, die Forscher, Abenteurer und Touristen in die eisige Wildnis bringen. Wir sind auch das einzige echte Kreuzfahrtschiff am Anleger, alles andere sind Eisbrecher und andere Expeditionsschiffe. Witziger Weise liegt eines der Schiffe der Hurtigruten hier mit Motorschaden und kann heute nicht zu seiner nächsten Reise starten. Es wird übrigens nicht der einzige Schaden am heutigen Tag sein, der zu einer Unterbrechung einer Reise führt. Dazu aber dann später mehr.

Heute steht eine Zugfahrt auf dem Plan. Und zwar mit dem Tren del Fin del Mundo („Zug am Ende der Welt“). Er hat seinen Ursprung im späten 19. Jahrhundert und diente zunächst als Gefängnisbahn in Ushuaia. Die Schmalspurbahn transportierte Häftlinge und Baumstämme aus den umliegenden Wäldern, um die wachsende Siedlung mit Brennholz und Baumaterial zu versorgen. Nach der Schließung des Gefängnisses in den 1940er Jahren verfiel die Bahn.

In den 1990er Jahren wurde die Strecke restauriert und zu einer touristischen Attraktion umgewandelt. Heute führt die historische Bahn durch den beeindruckenden Tierra del Fuego Nationalpark, wo wir die spektakuläre Landschaft Patagoniens erleben und mehr über die Geschichte der Region erfahren können.

Aber am besten fangen wir mal am Morgen an. Als unser Wecker klingelt – ja, es musste sein, aber wir versuchen es nicht zu übertreiben – und wir die Vorhänge zur Seite ziehen, sehen wir Schneebedeckte Berge vor unserem Balkon. Vor einer Woche waren wir noch in kurzen Sachen schwitzend auf dem Balkon und nun haben wir knappe 7 Grad. Aber das gehört ja dazu, wenn man in diese Region fährt. Auf jeden Fall sieht es vor dem Schiff wunderschön aus. Auch die Kinder sind von dem Anblick von Schnee so begeistert, dass das Aufstehen dann doch etwas leichter fällt. Das einzige Problem ist, dass es gestern auf Grund der Kap Hoorn Umrundung dann doch 23 Uhr wurde, bevor wir alle geschlafen haben. Aber den einen Tag schaffen wir das schon mal.

Irgendwann ist dann von Frühstück bis Sachen packen alles erledigt, und wir sind bereit zu starten. Weil die Taxis hier in Argentinien so billig sind, beschließen wir auch wieder einfach so vom Schiff zu gehen. Wir haben vorher nichts gebucht, aber das Abenteuer gehört zu einer echten Weltreise ja dann doch auch dazu. Wir wissen nur, dass der Zug um 9:30 Uhr losfahren soll und die Station etwa 20 Minuten vom Hafen entfernt liegt. Als wir dann an der Straße ankommen und unseren Uber buchen, heißt es auf ein Mal Ankunft 9:26 Uhr; da sind wir wohl etwas zu gemütlich die Pier hinunter spaziert. Die Taxifahrerin, die kein Wort englisch kann, fragt uns auch mehrfach ungläubig welchen Zug wir nehmen wollen. Wir lassen uns aber nicht beirren. Der Weg zum Bahnhof ist dann auch durchaus abenteuerlich. Irgendwann verlassen wir die asphaltierte Straße und fahren nur noch über eine Schotterpiste. Vor uns fährt ein Bus, was dazu führt das es so sehr staubt, dass wir im Grunde nichts mehr sehen können in unserem Taxi. Unsere Fahrerin ist da aber deutlich zuversichtlicher als wir – oder sie kennt den Weg einfach blind.

Als wir am Bahnhof ankommen, rennen wir direkt zum Schalter und werden dort erst Mal beruhigt. Wir schaffen den Zug auf jeden Fall noch – argentinische Gelassenheit ist gefragt. Wir müssen sowieso erst Mal noch die Eintrittskarten für den Nationalpark kaufen, diese sind im Preis der Zugfahrt nämlich noch nicht enthalten. Mittlerweile ist auch die Sonne raus gekommen, und so haben wir nun um die 18 Grad. Die meisten einheimischen Beschreiben diese Umstände als “unglaublich”. Anscheinend haben wir sehr viel Glück mit dem Wetter. Wahrscheinlich ist es die Wiedergutmachung für das Wetter in Rio. Wir stehen nun also in der Schlange um in unseren Zug einzusteigen. Wir bekommen “Zug 3” zugewiesen und erhalten von der Dame im Zug einen gemütliches vierer-Abteil ganz vorn zugewiesen. Kurz nach dem wir uns setzen beginnt die Fahrt in der kleinen Schmalspurbahn auch schon.

Mit einem Ruck setzt sich unser Zug in Bewegung, und erreicht kurz darauf auch schon seine Höchstgeschwindigkeit, die sich minimal schneller als Schrittgeschwindigkeit anfühlt. Wir fahren durch eine karge, aber grüne Landschaft. Kaum ein Baum steht links und rechts von der Strecke. Warum wird auch erklärt, die wurden alle von den vorhin erwähnten Gefangenen gefällt. Dafür leben hier nun aber diverse Wildpferde de bei unseren Kindern fairer Weise auch besser ankommen als irgendwelche Bäume.

Nach circa 15 Minuten erreichen wir unseren ersten und einzigen Zwischenstopp auf der Strecke, einen Wasserfall. Hier haben wir 20 Minuten Zeit die paar Stufen nach oben zu laufen, um einen Blick auf den Zug und den Wasserfall zu erhaschen. Wir haben uns oben kaum richtig umgeschaut, da ertönt auch schon die Pfeife des Zuges um das baldige Abfahren zu signalisieren.

Also machen wir uns wieder auf den Weg zurück zu unserem Zug um weiter in den Nationalpark zu fahren. Die Fahrt geht weiter durch eine wunderschöne und trotzdem abwechslungsreiche Landschaft, über die ein oder andere Brücke immer weiter den Berg hinauf. Insgesamt ist die Strecke aber nur 7 Kilometer lang, deshalb erreichen wir dann auch nach knapp 1 1/2 Stunden schon den Endbahnhof.

Von hier aus wollen wir zum See und zur berühmten Postfiliale “Am Ende der Welt”. Nur wie wir dort hinkommen steht noch nicht so ganz fest. Der Weg sind ungefähr 2 Kilometer die man normalerweise natürlich schön wandern, allerdings laden die staubigen Pisten und die Wanderlaune der Kinder nicht unbedingt zu diesem Plan ein. Da passt es ganz gut, dass wir eine andere Familie vom Schiff treffen, die gerade mit ihrem Mietwagen hier angekommen sind. Der Vater bietet uns kurzerhand an, seine Kinder am See abzusetzen und uns dann abzuholen und ebenfalls zum See zu fahren. Das Angebot können wir natürlich nicht ausschlagen. So landen wir also nach ein paar Minuten an unserem Zielort und können die beeindruckende Landschaft genießen.

Und weil das ganze natürlich noch nicht nett genug ist, bietet er uns am Ende auch noch an, uns wieder hoch zum Bahnhof zu fahren. Hier haben wir Glück und bekommen auch ohne große Wartezeit direkt einen Sitzplatz im nächsten Zug zurück. Dieses Mal haben wir den Wagen fast für uns alleine. Theo entscheidet sich für ein kleines Nachmittagsschläfchen und lässt sich auch von dem mehrfachen gehupe unserer Lok nicht stören.

Zurück am Ausgangsbahnhof schauen wir uns noch kurz die Werkstatt der Züge an, bevor wir uns entscheiden müssen wo wir jetzt hin wollen. Wie entscheiden uns für die Innenstadt und rufen uns also wieder einen Uber, der auch schon nach 5 Minuten bei uns ist. Sein Auto ist in einem südamerikanischen Zustand. In seinem Tacho leuchten mindestens drei verschiedene Warnleuchten, und alles klappert. Und so kommt es dann wenig überraschend, dass wir auf einmal mitten in der Pampa anhalten müssen, weil das Auto hinten einen Platten hat. Ehrlicherweise ist uns der etwas platte Hinterreifen schon beim einsteigen aufgefallen, aber vielleicht muss das ja so?! Von wegen wenig Reifendruck bei holprigen Straßen oder so ähnlich. Naja, mit der Hilfe von Übersetzungsapps verständigen wir uns über das weitere Vorgehen. Er will versuchen seinen Reifen zu wechseln, und wir sollen uns einen neuen Fahrer bestellen. Das machen wir dann auch, und werden innerhalb von 5 Minuten abholt. Unser erster Fahrer tut uns trotzdem leid. Vor allem hat der Arme zwar einen Ersatzreifen dabei aber keinen Wagenheber. 

Wir erreichen kurze Zeit später auf jeden Fall unser Ziel, die Ushuaia Buchstaben mit Blick auf den Beagle-Kanal, den Hafen und die Berge. Vor uns kamen leider auch ein paar Aida Busse an, deswegen setzen wir uns eine kurze Runde ans Wasser und genießen die Aussicht während Lotti und Theo ihre Steinwurffähigkeiten verbessern. 

Nachdem wir unser Foto gemacht haben und noch auf dem gegenüberliegenden Plaza Islas Malvinas geschaut haben,

Ubern wir zum letzten Mal an diesem Tag bis zum Hafen. Es ist mittlerweile schon 15 Uhr und es kommt Hunger auf. Also ging es kurzerhand in das Burgerrestaurant (aus Mangel an Alternativen um diese Zeit extrem voll). Theo hat heute auch zum ersten Mal einen Burger geschmatzt. Da wir noch gar nichts weiter von der „Innenstadt“ gesehen haben ist dies unser nächstes Ziel des Tages. Die Kinder haben so gar keine Lust mehr und können spontan in die Betreuung im KidsClub gehen. So haben wir noch etwa 1,5 Stunden um alleine durch die Stadt zu laufen. Wir gehen die eine Hauptstraße hin und die zweite parallel verlaufende wieder zurück. 

Neben vielen Touristenshops gibt es hier auch den südlichsten Irish Pub der Welt. 

Die kulinarische Spezialität von Ushuaia ist die Königskrabbe. So sind viele Restaurantfenster eher Aquarien mit sich stapelnden Prachtexemplaren.

In der Touristeninformation haben wir uns dann noch ein Zertifikat zum Besuch mit den diversen regionalen Poststempeln abgeholt, bevor wir wieder aufs Schiff gingen. 

Nach einem wirklich sehr überschaubaren Abendessen hatten wir noch einen kurzen Schockmoment. Nachdem Lotti ja heute früh alleine vom Frühstück auf die Kabine gegangen ist, wollte sie das jetzt wieder tun.  Einziger unterschied, als wir jetzt hinter gingen war keine Lotti auf der Kabine. Nach etwa 10 Minuten Sucherei haben wir sie dann im Treppenhaus gefunden. Sie kam grad von oben runtergelaufen. Es war ihr zu langweilig alleine in der Kabine und sie hatte sich vor einem Geräusch erschrocken deswegen wollte sie unter Leute aufs Pooldeck. Naja alles gut gegangen.

Wir beobachten noch das Auslaufen der anderen Schiffe und dem einlaufen eines neuen, bevor es Schlafenszeit ist.

Abends werden wir mit einem fantastischen Sonnenuntergang verabschiedet.