Heute begann unser Tag etwas chaotischer als sonst.
Nachdem wir heute Nacht die Gletscherpassage ohne Lecks am Schiff überstanden haben, und den gestrigen Fjord ebenfalls hinter uns gelassen haben, ist heute wieder Land in Sicht. Nicht nur in Sicht, sondern auch schon bald unter unseren Füßen. Die nächsten Tage gelten zwar als Seetage, sind aber weitere Gletscherpassagen. Aber das ist ja Zukunftsmusik.
Unser Plan für den heutigen Besuch in Punta Arenas, unseren ersten Stop in Chile, haben wir erst gestern Abend gemacht. Da jetzt schon viele unserer Bekanntschaften von ihren Ausflügen mit einem Mietwagen erzählt haben, wollten wir das heute auch mal probieren. Also verabreden wir (die Väter der Runde) uns so, dass wir ganz deutsch 10 Minuten vor der Öffnungszeit an der Mietwagenstation ankommen. Die Ernüchterung im Doppelten Sinne erfolgt dann direkt mit Öffnung der Tore. Martin bekommt sein Auto nicht, weil Europcar auf einen originalen Reisepass besteht, und eine Kopie nicht akzeptieren möchte. Das obwohl das bisher immer ging, und auch anders besprochen war. Ich bekomme kein Auto, weil es keine anderen mehr gibt. Also geht es für uns beide auf dem selben Weg wieder zurück zum Schiff, wie wir auch in die Stadt gekommen sind: mit dem Uber.
Für uns muss nun also ein neuer Plan her. Wir machen uns nun zu viert also wieder auf den Weg durch den Hafen bis in die Stadt. Hier angekommen sprechen wir kurz einige Taxifahrer an, was sie für einige ganztägige Tour haben möchten. Mit Blick auf die Karte, wird aber dann doch schnell klar, dass wir das auch allein geregelt bekommen. Wir entscheiden uns also wieder ganz auf eigene Faust die Gegend zu erkunden.
Am Hafen gibt es passender Weise eine riesige Karte mit den Sehenswürdigkeiten der Region – sie zeigt noch etwas mehr Ziele als Google Maps. Man muss auch feststellen, dass eigentlich niemand auf dem Schiff große Erwartungen an diesen Stop hier hatte. Wir entscheiden uns als erstes für ein Museum, welches die Schiffe von Magelan und Darwin im 1:1 Nachbau zeigt. Als Theo die Kanonen auf dem Werbebild sieht, ist auch er direkt begeistert von unserem Plan. Und wie kommen wir dort hin? Genau, mit einem Uber. 2€ kostet uns die 6 Kilometer lange Fahrt. Wer die App hier in Südamerika nicht nutzt, ist aber auch selbst schuld. Wir werden direkt vor der Tür abgesetzt.
Das Museum entpuppt sich als Garten von einem der Anwohner hier. Das macht es aber nicht schlechter. Es gibt mehrere Schiffe die 1:1 nachgebaut sind. Das Highlight ist der Nachbau des Schiffes von Magellan, mit dem er die amerikanische Küste entlang gesegelt ist. Wenn wir an unsere Passage durch die Biskaya denken, war das von den Seefahrern damals eine echte Leistung auf diesen im Vergleich kleinen Holzschiffen solche Strecken zurückzulegen.
Eines der weiteren Schiffe ist ein Nachbau der HMS Beagle, dem Schiff mit dem Darwin die Evolutionstheorie belegt hat. Also er hat es als Transportmittel für seine Expeditionen genutzt. Hier erkennt man auch, dass zwischen den zwei Bauten einige Hundert Jahre vergangen sind. Darwin war schon mit wesentlich mehr Annehmlichkeiten unterwegs als Magellan. So gab es hier schon kleinere Kabinen und echte Türen.
Nach circa 1 1/2 Stunden haben wir dann alle Schiffe besichtigt, und noch die Küste entlang des Gartens erkundet.
Das wollen wir jetzt auch weiterhin machen. Unser nächstes Ziel ist die Küstenstraße, welche einen großen Bereich für Fußgänger und Fahrradfahrer hat. Also lassen wir uns wieder abholen und zu einem der diversen Parkplätze entlang der Promenade fahren.
Von hier machen wir dann einen Spaziergang an der Wasserlinie und haben dabei die Aida immer im Blick, auch wenn wir ein ganzes Stück entfernt sind. Von hier aus hat man immer wieder auch tolle Blicke auf die Stadt und sieht auch ein wenig von den Bereichen, die sonst sicherlich eher nicht von Touristen angeschaut werden.
Es ist erstaunlich wie sehr sich die vier angelaufenen südamerikanischen Länder dann doch unterscheiden. Von Uruguay, wo man durchaus den Wohlstand in der Bevölkerung erkennen konnte, bis nach Brasilien wo einem die Armut an vielen Ecken sehr verdeutlich wurde. Chile findet sich mit Argentinien irgendwo in der Mitte. Zumindest hier in Punta Arenas gibt es viele kleine Häuser mit Garten, die zum großen Teil sehr gepflegt wirken.
Irgendwann kommen wir dann am Punta Arenas Schriftzug an.
Das war sozusagen auch unser Ziel für diesen Spaziergang. Wo wir von der Küste ja schon einige Einblicke in die Stadt bekommen haben, wollen wir das jetzt noch vertiefen. Deshalb wollen wir nun zum Aussichtspunkt „Cerro de la Cruz“, von dem man einen tollen Blick über die ganze Stadt hat. Wie wir dort hinkommen, könnt ihr euch sicher denken. Wir machen im Auto mitten in der Stadt einige Höhenmeter gut. Die Straße die wir hinauf fahren erinnert eher an eine Promenade, und hat einen kleinen Park mit riesigen Bäumen in der Mitte. Theo bekommt davon nichts mit, er hat sich spontan für ein kleines Schläfchen entschieden.
Die Fahrt nach oben dauert allerdings nicht sehr lange. Dieses Mal gelingt es aber, den schlafenden Theo schlafend aus dem Auto zu nehmen. Während wir uns umschauen und den Ausblick genießen, schläft er nun auf dem Arm weiter. Weil wir langsam aber auch den Zeitdruck des ablegenden Schiffes verspüren machen wir uns trotzdem langsam auf den Weg.
Unser Plan ist nun eine der Hauptstraßen der Stadt vom Aussichtspunkt aus hinunter zu laufen, bis wir beim „Plaza de Armas“ ankommen. Einem kleinen Park in der Innenstadt. Sozusagen das Zentrum.
Auf dem Weg zum Park kaufen wir für die Kinder noch ein paar Sandwiches. Jule bestellt diese übrigens in brillantem Spanisch, und bekommt trotzdem genau das, was wir haben wollten. Der Duft von frischem Brot lässt dann auch Theo wieder erwachen. Und so gibt es für die beiden eine kleine Mittagspause im Park. Während Theo noch die Reste seine Hälfte isst, gehen Lotti und ich in einen der angrenzenden Läden und suchen nach einem Magneten im Punta Arenas Design.
Der Park ist umgeben von tollen Gebäuden und die ganze Gegend wirkt ausgesprochen ordentlich und vor allem auch sauber. Nach einer guten Stunde ist es dann aber doch Zeit um weiter zu ziehen. Nur eine kurze Autofahrt entfernt liegt der Cementerio Municipal.
Gegründet im Jahr 1894, ist dieser Friedhof nicht nur ein Ort der Ruhe, sondern auch ein architektonisches und historisches Meisterwerk. Der Eingang wird von einem imposanten Tor geschmückt, das der wohlhabenden Geschäftsfrau Sara Braun gewidmet ist.
Die gepflegten Alleen sind gesäumt von Zypressen, die eine ruhige, beinahe mystische Atmosphäre schaffen. Die Grabstätten spiegeln die multikulturelle Geschichte der Region wider: Von prächtigen Mausoleen europäischer Einwanderer bis hin zu einfachen Gräbern lokaler Gemeinschaften. Besonders eindrucksvoll sind die monumentalen Grabstätten wohlhabender Familien, die den wirtschaftlichen Aufschwung Patagoniens dokumentieren.
Nach einer kurzen Runde durch die breiten Hauptwege machen wir uns zu Fuß auf den Weg Richtung Schiff. Ein Blick auf die Uhr verrät uns dann aber relativ schnell: das wird so nichts. Wir legen heute schon relativ früh wieder ab – bereits um 16:00 Uhr. Also müssen wir uns ganz schön beeilen, damit die Aida nicht ohne uns weiter fährt. Am Ende haben wir dann aber sogar noch Zeit um im kleinen Supermarkt am Hafen eine neue Packung Shampoo zu kaufen. Wie es der Zufall so will, gibt es genau eine Sorte. Genau die furchtbar stinkende, sie Aida auch im Bordshop verkauft. Super!
Zum Ablegen gibt es heute eine besondere Aktion. Es gibt heute das Kids Club Sail Away. Der Kids Club hier hat ja ein super Außendeck mit der besten Sicht auf das was am Hafen so vor sich geht.
Nun hat Alvine extra Kekse gebacken und einen riesigen Eimer Tee gekocht und dazu alle Kinder eingeladen. Das war eine super Stimmung. Zusätzlich zu den üblichen Songs zum Auslaufen ließen sich dann sogar noch Wale blicken.