Nach unserem letzten fiebrigen Stop, sind nun ein paar Seetage vergangen. Diese haben durchaus zur Besserung des Gesamtzustandes beigetragen, und so blicken wir heute hoffnungsvoll auf den nächsten Stop auf der Osterinsel. Bei vielen anderen Reisen ist dieser Hafen berühmt für sein schlechtes Wetter, und muss aus diesem Grund sogar oft ausfallen. Der Hafen selbst ist so klein, dass nur ein einziges unserer Rettungsboote überhaupt hinein passt. Daran merkt man schon, unsere große Aida wird in einigen Metern Entfernung vor der Insel auf uns warten, und wir tendern erneut auf die Insel.
Die Osterinsel ist eines dieser Ziele, zu denen man nicht so schnell noch mal kommen wird. Viele Menschen scheitern aus den eben genannten Gründen sogar beim Versuch eines Besuchs hier. Wir heute aber nicht. Und weil das alles schon irgendwie auch sehr besonders ist, gibt es für uns auch eine sehr spezielle Situation am Morgen. Eine Weckersituation wenn man so will, wir stehen mit dem Wecker um 6:00 Uhr auf, um das Schiff pünktlich für unseren Ausflug verlassen zu können.
Hat da jemand Ausflug gesagt? Ja, heute ist außerdem einer dieser Tage an denen wir den kompletten Tag bereits durchstrukturiert haben, bevor wir überhaupt an Land sind. Vor zwei Tagen haben wir noch ganz spontan einen Kontakt auf der Insel erhalten, und uns darüber einen Ausflug – eine ganztägige Tour über die Insel – gebucht. Aida verlangt für einen ähnlichen Ausflug 1.500€ für vier Personen, wir zahlen jetzt $300 und haben sogar noch ein paar Stops mehr dabei.
Nachdem wir die äußerst schaukelige Fahrt mit dem Tenderboot in den Hafen geschafft haben, werden wir direkt am Anleger von unserem Bus und unserer heutigen Guide Hanna abgeholt. Wir müssen noch kurz ein paar Minuten warten, bis auch die letzten Tourteilnehmer angekommen sind und dann geht es auch schon los.
Unser erster Stop ist Tahai. Ein Ort direkt auf der anderen Seite des Hafens, an dem noch fünf Steinfiguren der ersten Generation stehen und auf die Insel blicken. Man unterscheidet die Figuren in verschiedene Generationen. Während die erste Generation auf vielen Südseeinseln zu finden sind, wurde die Technik zur Schaffung der Figuren auf der Osterinsel immer weiter entwickelt, und so gibt es nun also auch Figuren in bestimmter Technik, die nur hier zu finden sind.
Wenn man sich die Osterinsel auf einem Luftbild anschaut, kann man deutlich die dreieckige Form der Insel erkennen. Diese Form ist entstanden, als die drei Hauptvulkane der Insel zuletzt gleichzeitig, beziehungsweise mit kurzem Abstand ausbrachen. Die Lava bildete eine Verbindung zwischen den Vulkanen auf dem Meeresgrund, und formte so die heutige Insel. Einen dieser drei Vulkane schauen wir uns nun als nächstes an. Der Krater des Vulkans Rano Kau hat einen Durchmesser von gerade mal einen Kilometer, und so hat man von der Spitze einen tollen Blick über den kompletten Krater.
Hanna erzählt uns noch, dass noch die Generation ihrer Oma den Krater nutzte um Wäsche zu waschen und Obst anzubauen. Schließlich sammelt sich hier das Regenwasser, wodurch er eine der wenigen Süßwasserquellen der Insel darstellt. Obwohl wir direkt am Krater stehen, besteht keine größere Gefahr vom Vulkan. Seine letzte Aktivität liegt bereits 250.000 Jahre zurück.
Unser nächstes Ziel ist das Orongo Village. Es liegt nur ein paar Meter weiter die Straße nach oben. Wir fahren also die Wand des Kraters immer weiter nach oben und werden beim Ankommen von unglaublichen Sturmböen in Empfang genommen. Es ist immer noch sehr warm, aber der Wind weht so stark, dass man die Kinder im Grunde festhalten muss. Hinzu kommt, dass zwischen uns und dem Ozean hier nur eine Steile Felsklippe gibt.
Orongo war ein zeremonieller Ort, der besonders für den Vogelmann-Kult (Tangata Manu) bekannt ist, der im 16. bis 19. Jahrhundert auf der Osterinsel praktiziert wurde. Dieser Kult ersetzte die ältere Ahnenverehrung und drehte sich um eine rituelle Zeremonie, bei der Männer einen gefährlichen Wettbewerb um die erste Terneneiersuche abhielten.
Die wichtigste Zeremonie fand jedes Jahr im Frühling statt, wenn die Rußseeschwalben auf den vorgelagerten Motu-Inseln ihre Eier legten. Teilnehmer oder ihre Vertreter mussten von Orongo aus die steilen Klippen hinabsteigen, zum Motu Nui schwimmen und das erste Ei finden. Der Gewinner wurde als Tangata Manu (Vogelmann) geehrt und erhielt besondere Privilegien für sein Dorf. So durfte der Sieger jeweils für ein Jahr über die Insel regieren.
Nachdem wir den Rundgang alle ohne größere Sturmschäden geschafft haben, geht es für uns nun weiter auf die andere Seite der Insel. Als Nächstes schauen wir uns den Ort an, an dem die diversen Figuren herstellt worden sind, und aus dem Bergfels rausgeschlagen worden sind.
Es gibt zu den Figuren immer noch einen Mythos, der von den Forschern noch immer nicht final beantwortet werden konnte. Und das ist die Frage nach dem Transport der Figuren. Man weiß zwar, wo die Köpfe alle entstanden sind, aber nicht sicher wie sie von hier an ihren Bestimmungsort gekommen sind. Während man früher davon ausgegangen ist, dass die Figuren über Holzstämme gerollt worden sind, geht man heute davon aus, dass sie aufrecht stehend an ihren Ort getänzelt worden sind. Man hat also Seile um den Kopf der Figur gewickelt, und dann den ganzen Stein immer hin und her wackeln lassen und so dann teilweise mehrere Kilometer Strecke zurück gelegt.
Wir lernen hier außerdem, dass viele der Figuren nicht nur aus dem Kopf bestehen, sondern das sie auch noch einen Körper haben. Dieser ist aber oft komplett unter der Erde eingebuddelt. Wir machen hier einen längeren Spaziergang immer am Berg entlang, auf dem wir viele der Steinfiguren entdecken können. Dabei sind auch Figuren aller Generationen dabei, die sich im Grad ihrer Details unterscheiden.
Vom Rundweg aus können wir auch schon unser nächstes Ziel sehen. Unser nächstes Ziel ist Tongariki. Es handelt sich um eine der wichtigsten archäologischen Stätten auf der Osterinsel. Besonders bekannt ist diese hier, weil es sich um eine Gruppe von 15 Steinköpfen handelt, die allesamt auf einer Platform direkt am Wasser stehen. Das ist die größte Ansammlung von Figuren in dieser Gegend. Besonders interessant ist, dass es sich hier tatsächlich um nachbauten der originalen Figuren handelt, diese wurden nämlich alle von einem Tsunami zerstört. Übrig geblieben sind nur noch die Frisuren der originalen Figuren, die noch heute auf der Wiese in einiger Entfernung liegen.
Mittlerweile können wir uns vor lauter Steinfiguren ja kaum noch konzentrieren – es wird also Zeit für eine ordentliche Pause. Dazu besuchen wir den einzigen Sandstrand der Osterinsel und lassen uns hier die angenehme Seeluft um die Ohren pusten. Hier finden heute außerdem mehrere Hochzeiten statt, die allesamt hier in großen Zelten feiern.
Wenn man sich die Bilder anschaut, sieht man aber auch warum.
Der Tag neigt sich mittlerweile dem Ende zu, und für uns wird es Zeit zurück zum Schiff zu fahren. Nicht aber, ohne noch einen letzten weiteren Stop zu machen. Was denkt ihr, was wir nun noch besuchen? Richtig, weitere Steinköpfe. Wir besuchen Ahu Akivi. Diese sieben Figuren haben aber eine Besonderheit gegenüber alle anderen. Während alle Figuren stets mit dem Rücken zum
Ozean stehen, schauen diese auf das offene Meer raus. Sie sind außerdem genau so ausgerichtet, dass sie zwei mal im Jahr perfekt in den Sonnenuntergang schauen. Immer dann, wenn der Tag und die Nacht exakt gleich lang sind. Aus diesem Grund geht man davon aus, dass diese Stätte auch für astronomische Untersuchungen genutzt wurde. Die Gruppe hier sind übrigens auch die einzigen, die nicht direkt am Ozean stehen.
Das war nun aber unser letzter Stop auf der Insel. Wir machen uns auf den Weg zum Tenderboot. Zu unserem Glück hat sich die See mittlerweile auch beruhigt, und so wird die Rückfahrt zum Schiff nur noch halb so schaukelig wie auf der Hinfahrt.
Wir können vom Balkon aus noch Beobachten, wie unsere Tenderboote wieder aufgenommen werden, und für den nächsten Einsatz verstaut werden. Das dauert heute erstaunlich lange, aber wir haben ja Zeit.
Zur Abfahrt gibt es dann noch eine Überraschung von unserem Kapitän. Wir fahren nicht direkt los in Richtung Süden, sondern fahren von der Seeseite nun noch mal den Vulkan an, den wir vorhin bereits von der Landseite aus erkunden konnten. Hier machen wir mit dem Schiff erneut eine komplette Drehung, sodass alle Gäste mal einen Blick erhaschen können. Die Insel ist mittlerweile in ein kräftiges Orange getaucht, und so verabschieden wir uns mit einem letzten Hupen im Sonnenuntergang von der Osterinsel.